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Kommt die Photovoltaik-Pflicht in Basel?

Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt will, dass bis in 15 Jahren alle geeigneten Dächer mit einer Solaranlage ausgerüstet werden. Gegen diesen Vorschlag regt sich im Stadtkanton Widerstand. Wir zeigen, wie die Solaroffensive im Detail aussieht und weshalb sie kritisiert wird.

Dieser Paukenschlag in Basel hatte für einmal nichts mit der Fasnacht zu tun: Ende April 2024 gab der Regierungsrat bekannt, im Stadtkanton eine Solarpflicht für Bestandesbauten einführen zu wollen. Während linke Parteien den Vorschlag grundsätzlich begrüssen, kritisiert die bürgerliche Seite die sogenannte Solaroffensive. Bis Ende Juli lief die Vernehmlassung, die Stellungnahmen werden nun ausgewertet. Die definitive Vorlage soll dem Kantonsparlament noch dieses Jahr vorgelegt werden. Gegen dessen Beschluss könnte dann das Referendum ergriffen werden. Wir zeigen, wie die Solaroffensive im Detail aussieht und weshalb sie kritisiert wird.

Potenzial nicht ausgeschöpft
Die kantonale Solaroffensive ist Teil der Klimaschutzmassnahmen zur Erreichung des Netto-Null-Ziels. Dieses will der Kanton Basel-Stadt gemäss dem Willen der Stimmbevölkerung bis 2037 erreichen. Bisher steht der Kanton mit den drei Gemeinden Basel, Riehen und Bettingen bei der Photovoltaik indes noch ziemlich am Anfang: Wie die «bz» berichtete, sind derzeit erst rund 10 Prozent der möglichen Flächen mit Solarpanels belegt. Das Potenzial ist laut Regierungsrat gross, der Stadtkanton könnte bis zu 60 Prozent seines Stromverbrauchs selbst abdecken, wenn die geeigneten Flächen konsequent genutzt würden.

Weil das Anreizsystem mit Fördermassnahmen im urban geprägten Kanton bisher nicht wie gewünscht gefruchtet hat, verfolgt der Regierungsrat nun einen verpflichtenden Ansatz. Er will die Pflicht zur Installation einer Solaranlage von Neubauten auf Bestandesbauten ausweiten. Konkret sollen Gebäudeeigentümerschaften innerhalb von 15 Jahren alle geeigneten Flächen ihrer Immobilie – also unter Umständen mehr, als für den Eigenverbrauch nötig ist – mit Photovoltaikpanels ausrüsten. Wer die Vorgabe nicht umsetzt, muss eine Ersatzabgabe zahlen.

Einfachere Verfahren
Um die Umsetzung der geplanten Vorschrift zu erleichtern, soll beim Bau einer Solaranlage künftig ein Meldeverfahren anstelle eines Baubewilligungsverfahrens gelten. Davon ausgenommen sind Photovoltaikanlagen auf Kultur- und Naturdenkmälern von kantonaler oder nationaler Bedeutung sowie Anlagen an Fassaden von Gebäuden, die sich in einer Stadtbild-Schon- oder Schutzzone befinden. Für solche Projekte soll auch in Zukunft eine Baubewilligung eingeholt werden müssen.

Die finanzielle Förderung der Photovoltaik will der Regierungsrat so anpassen, dass Hausbesitzerinnen und -besitzer einen Anreiz erhalten, gleichzeitig das Dach zu dämmen und 90 Prozent der möglichen Fläche mit Solarpanels auszurüsten. Um die Entwicklung zu beschleunigen, sollen die Fördergelder nur bis Ende 2030 zur Verfügung stehen.

Der Kanton nimmt nicht nur private Immobilieneigentümerschaften in die Pflicht, sondern auch sich selbst. Das Solarpotenzial auf Liegenschaften im eigenen Besitz will er bis 2030 erschliessen und ausnützen. Konkret sind 135 Photovoltaikanlagen geplant, die jährlich insgesamt 11 GWh produzieren können. Dies entspräche einer Vervierfachung der Produktion von 2022.

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Der Kanton will auch auf eigenen Liegenschaften das Solarpotenzial besser ausnutzen. Das Dach des Rathauses und anderer kulturell bedeutender Bauten dürfte dabei aber nicht im Fokus stehen. (Foto: Wikipedia / Michal Rawlik)

Linke Parteien begrüssen Vorstoss
Der Vorschlag des Regierungsrats löst nicht in allen politischen Lagern Begeisterung aus, wie die Stellungnahmen verschiedener Parteien zeigen. Die SP begrüsst die Stossrichtung der Solaroffensive, ortet aber Nachbesserungsbedarf in einigen Punkten. Sie schlägt vor, die finanzielle Förderung bis 2037 zu verlängern und stattdessen schon fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Ersatzabgabe zu verlangen, wenn die Eigentümerschaft keine Solaranlage installieren lässt. Diese soll rückerstattet werden, wenn innert 20 Jahren doch noch eine Anlage realisiert wird. Auch die Grünen sind grundsätzlich von der Idee überzeugt. Sie schlagen vor, jene Eigentümerschaften zu belohnen, welche die Solaranlage rasch realisieren. Dazu soll ein Bonus ausgeschüttet werden, der im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes 4500 Franken beträgt und sich danach um 300 Franken pro Jahr reduziert.

Kritik der Bürgerlichen
Die SVP lehnt die Solaroffensive in der vorgeschlagenen Form ab und will das Referendum ergreifen, wenn sich inhaltlich nichts Entscheidendes ändert. Die Partei argumentiert, mit der Solarpflicht würden die Eigentumsrechte der Hausbesitzerinnen und -besitzer missachtet. Zudem kritisiert die SVP, dass diese Solaranlagen in einer Grösse realisieren müssen, die über die Deckung ihres Eigenverbrauchs hinausgeht. Damit wälze man eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe einseitig auf die Schultern der Immobilieneigentümerschaften ab.

Ins gleiche Horn stösst «Die Mitte». Sie anerkennt, dass die Photovoltaik ein wichtiger Ansatz zum Erreichen des Netto-Null-Ziels ist, die Ausgestaltung der Solaroffensive gehe aber in die falsche Richtung. Die Partei schreibt, es sei nicht richtig, dass Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzer auf eigene Kosten eine Solaranlage bauen und unterhalten müssten, «um dann 75 Prozent des produzierten Stroms zu einem günstigen Preis ins Netz einzuspeisen». Durch diesen Vorschlag würden Gebäudeeigentümer de facto genötigt, eine wirtschaftliche Tätigkeit als Kraftwerksbetreiber aufzunehmen. Das sei ein schwerer Eingriff in die von der Verfassung garantierte Wirtschaftsfreiheit und in die Eigentumsgarantie.

Basel-Stadt als Pionier?
In welcher Form die Basler Solaroffensive letztlich als Gesetz verabschiedet wird und ob das Referendum dagegen lanciert wird, ist heute noch kaum abzuschätzen. Das hängt auch damit zusammen, dass der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt im Herbst 2024 neu gewählt wird. Klar ist einzig: In ihrer jetzigen Form wäre die Vorlage die schweizweit am weitesten gehende Regelung zur Förderung der Photovoltaik. Auf nationaler Ebene gilt eine Solarpflicht lediglich für Neubauten mit einer anrechenbaren Fläche von 300 Quadratmetern. In einigen Kantonen, Städten und Gemeinden gibt es weitergehende Vorgaben, eine Solarpflicht für Bestandesbauten existiert bisher aber nicht. Im Kanton Schaffhausen wurde im Juni 2024 eine darauf abzielende Initiative der jungen Grünen mit rund 60 Prozent der Stimmen abgelehnt. Der Kanton Basel-Stadt würde mit einer Solarpflicht also eine Pionierrolle in der Schweiz einnehmen.


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Fachbereich «Solartechnik, Energiespeicherung» an der Swissbau 2026

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